Der Zollkonflikt zwischen den USA und der EU

Eine Einigung mit Verfallsdatum?

von Dr. Thomas Ruthemeyer und Dr. Patrick Oei
(Hengeler Mueller)

Der Zollkonflikt zwischen den USA und der EU hat bei Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks zu erheblichen Unsicherheiten geführt. Die nun erzielte Einigung ordnet die Handelsbeziehungen neu und soll einen verlässlichen Rahmen für den Handel schaffen. Die rechtliche Zulässigkeit der Einigung wird jedoch angezweifelt.

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Am 27. Juli 2025 haben sich die EU und die USA auf eine Beilegung des Zollkonflikts verständigt. Die Grundsätze wurden in einer Gemeinsamen Erklärung vom 21. August 2025 festgehalten („Joint Statement on a United States-European Union Framework on an Agreement on Reciprocal, Fair, and Balanced Trade”[1]). Hiernach sollen die EU-Einfuhrzölle für sämtliche aus den USA stammende Industriegüterauf null Prozent gesetzt werden. Das Gleiche gilt für zahlreiche aus den USA importierte Lebensmittel sowie Agrarprodukte. Die USA haben zugesagt, im Gegenzug nicht länger an den reziproken Zöllen für EU-Produkte in Höhe von 20 bzw. 30 Prozent festzuhalten, sondern einen einheitlichen Zollsatz von 15 Prozent auf die meisten EU-Produkte anzuwenden.

Mit der erzielten Einigung fällt die Belastung für Unternehmen in der EU damit geringer aus. Sie ist aber immer noch deutlich über dem Zollniveau, das vor dem internationalen Zollkonflikt herrschte. Dies zeigt ein Blick auf die Automobilbranche: Für Autos und Autoteile aus der EU galt ein Zollsatz von 2,5 Prozent vor dem Zollkonflikt. Trotz der erzielten Einigung auf einen Zoll von 15 Prozent bleibt die Mehrbelastung für die Automobilbranche damit signifikant.

Zudem gelten die Zusagen der USA nicht einheitlich für alle Wirtschaftsgüter aus der EU:

  • Die Zusagen der USA knüpfen an den sog. most favored nation-Zollsatz („MFN-Zollsatz“) eines Produkts an. Hierbei handelt es sich um den nach den Regeln des im WTO-Recht verankerten Meistbegünstigungsprinzips erhobenen Einfuhrzoll. Für Produkte mit einem MFN-Zollsatz von über 15 Prozent bleibt es bei dem (höheren) MFN-Zollsatz, d.h. der Zollsatz wird nicht auf 15 Prozent gesenkt. Es fallen aber keine reziproken Zölle an, die das Produkt ohne die erzielte Einigung weiter verteuert hätten.
  • Von der Einigung nicht erfasst sind die von US-Präsident Trump gesondert verhängten Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium. Diese haben die USA im Juni 2025 von 25 auf 50 Prozent erhöht. Insbesondere die deutschen Maschinenbauer sind von diesen Zöllen bereits jetzt stark beeinträchtigt. Laut des Branchenverbands VDMA planen die USA außerdem, im Dezember den erhöhten Zollsatz auf zahlreiche weitere Maschinen und Anlagen zu erweitern. Die EU hat weitere Verhandlungen mit den USA angekündigt, um die Belastung für Unternehmen zu mildern, z.B. durch zollfreie Einfuhrkontingente.
  • US-Zölle auf Autoimporte aus der EU sollen rückwirkend zum 01. August 2025 von 27,5 auf 15 Prozent gesenkt werden, wenn die EU die notwendigen Gesetzesentwürfe für die Umsetzung der Vereinbarung vorlegt, wonach insbesondere die Zölle auf Industriegüter auf null zu setzen sind. Dem ist die EU-Kommission mit zwei Verordnungsentwürfen vom 28. August 2025 nachgekommen (2025/0260 bzw. 0261/COD). Am 25. September 2025 teilte das US-Handelsministerium in einer offiziellen Erklärung („Implementing Certain Tariff-Related Elements of the U.S.-EU Framework on an Agreement on Reciprocal, Fair, and Balanced Trade"[2]) mit, dass damit alle Voraussetzungen für die Umsetzung der Handelsvereinbarung vorliegen.
  • Laut Ankündigung von US-Präsident Trump sollten ab dem 01. Oktober 2025 Zölle in Höhe von 100 Prozent auf Arzneimittelimporte in die USA gelten. Für die deutsche Pharmaindustrie, die ein Viertel ihrer Exporte in die USA verkauft, wäre dies ein herber Schlag. Die EU-Kommission teilte bereits mit, dass aus ihrer Sicht die Obergrenze von 15 Prozent auch für die Pharmabranche gilt. Kurz vor der Einführung der Zölle wurde bekannt, dass für Pharmaprodukte aus der EU vorerst weiterhin ein Zoll von 15 Prozent gelten soll. Stattdessen wollen die USA Zölle gegen Pharmakonzerne vorbereiten, die ihre Produktion nicht in die USA verlagern oder ihre Preise senken wollen.

EU-Verordnungsentwürfe zur rechtlichen Umsetzung der Einigung

Die Rahmenbedingungen aus der Gemeinsamen Erklärung vom 21. August 2025 sind nicht verpflichtend, sondern bedürfen der rechtlichen Umsetzung. Die EU hat am 28. August 2025 zwei Verordnungsentwürfe hierzu veröffentlicht.

Mit dem Vorschlag für eine „Verordnung zur Anpassung der Einfuhrzölle auf bestimmte Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und zur Eröffnung von Zollkontingenten für die Einfuhr bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika" (2025/0261/COD) sollen die Zölle auf die Einfuhr sämtlicher Industriegüter aus den USA abgeschafft werden. Konkret sieht der Verordnungsentwurf vor, dass für die in Annex 1 der Verordnung gelisteten Produkte zukünftig ein Zollsatz von null Prozent gilt. Hierzu zählen neben pharmazeutischen Erzeugnissen und Textilwaren zahlreiche Roh- bzw. Ausgangsstoffe wie Metalle, Öle und Harze sowie Chemikalien. Die Annexe II und III des Entwurfs enthalten darüber hinaus weitere Kategorien von Produkten, für die der Einfuhrzollsatz entweder gesenkt oder für die zollfreie Einfuhrkontingente festgelegt werden, u.a. Obst und Gemüse, Milchprodukte sowie zahlreiche fleisch- und fischhaltige Lebensmittel.

Zudem hat die EU einen Vorschlag für eine „Verordnung über die Nichtanwendung von Zöllen auf die Einfuhr bestimmter Waren“ veröffentlicht (2025/0260/COD), die insbesondere für bestimmte Arten von Hummern gilt, bei denen die Zölle ebenfalls auf null Prozent festgelegt werden sollen.

Die Einigung verspricht für Unternehmen grundsätzlich mehr Rechts- und Planungssicherheit. Gleichwohl wird schon jetzt Kritik laut, die an dem langfristigen Bestand der Einigung zweifeln lassen.

Besteht nun Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen?

Die Einigung verspricht für Unternehmen grundsätzlich mehr Rechts- und Planungssicherheit. Gleichwohl wird schon jetzt Kritik laut, die an dem langfristigen Bestand der Einigung zweifeln lassen.

Der Vorsitzende des Ausschusses für internationalen Handel im Europäischen Parlament hält die Verordnungsentwürfe der EU-Kommission für WTO-rechtswidrig, weil ein Zollsatz von null Prozent die USA im Vergleich zu anderen WTO-Mitgliedern einseitig bevorteile.[3] Nach dem Meistbegünstigungsprinzip (Art. I GATT) muss jeder Vorteil bzw. jede Vergünstigung, die einem anderen Staat gewährt wird, auch allen anderen Vertragsstaaten gewährt werden. Eine Ausnahme hierfür gibt es nur für die Vereinbarung von Freihandelsabkommen, um die es sich bei der zwischen USA und der EU getroffenen Einigung jedoch nicht handelt.

Der Handelsausschuss sieht daher Änderungsbedarf. Nach einem Berichtsentwurf vom 21. Oktober 2025 (2025/0261(COD)) soll sich die EU unter anderem das Recht vorbehalten, die Zollsenkungen zurückzunehmen, wenn sich zeigt, dass der für US-Produkte geltende Einfuhrzoll von null Prozent europäischen Unternehmen schadet oder wenn die USA – wie derzeit u.a. in Bezug auf Maschinen und medizinische Geräte diskutiert – weitere sektorspezifische Zölle verhängen sollten. Zölle auf Stahlprodukte aus den USA sollen so lange nicht gesenkt werden, wie Stahlprodukte aus der EU noch unter den hohen sektorspezifischen Zollsatz von 50 Prozent fallen. Außerdem wird eine Befristung der Vereinbarung auf 18 Monate vorgeschlagen, um eine Überprüfung der Zollsenkungen zu ermöglichen, da ein dauerhafter WTO-Verstoß nicht tolerierbar sei. Mit einer Abstimmung im Parlament wird nicht vor Februar 2026 gerechnet.

Auch die reziproken Zölle der USA stehen rechtlich unter Druck. Am 29. August 2025 hatte ein Berufungsgericht (Court of Appeals for the Federal Circuit) in Washington D.C. die reziproken Zölle für rechtswidrig erklärt. Als Ermächtigungsgrundlage stützt sich die US-Regierung auf den „International Emergency Economic Powers Act" (IEEPA)[4], der dem US-Präsidenten Befugnisse für den Fall „unüblicher und außerordentlicher Bedrohungen […] für die nationale Sicherheit, Außenpolitik oder Wirtschaft der USA" einräumt. Das Berufungsgericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass der IEEPA den US-Präsidenten nicht zu „unbegrenzten Zöllen" ermächtige. Die Einigung mit der EU auf einen Zollsatz von 15 Prozent stützt sich ebenfalls auf den IEEPA und könnte unter Berücksichtigung der Auffassung des Berufungsgerichts damit ebenfalls rechtswidrig sein.

Die US-Regierung hat Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts eingelegt. Der Supreme Court muss nun entscheiden, ob Präsident Trump mit der Verhängung der reziproken Zölle seine Kompetenz überschritten hat. In der mündlichen Verhandlung am 05. November 2025 hat sich die Mehrzahl der Richter laut Gerichtsbeobachtern skeptisch gezeigt, dass die Verhängung weitreichender Zölle noch von der Kompetenz des Präsidenten gedeckt ist. Bis zu einer Entscheidung kann es noch Monate dauern. Deren Folgen für die Handelspolitik der USA und den internationalen Zollkonflikt sind derzeit nicht absehbar. Die US-Regierung kündigte bereits an, auch bei einer negativen Entscheidung an ihrem bisherigen Kurs in der Zollpolitik festzuhalten.

Was können Unternehmen tun?

Angesichts der weiter bestehenden Unsicherheiten sollten Unternehmen die rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken im Zusammenhang mit Zöllen proaktiv managen. Das gilt nicht nur für internationale Lieferverträge, sondern auch für Vertragsbeziehungen, in denen sich Zollerhöhungen indirekt auswirken können, beispielsweise wenn die erhöhte Zolllast entlang der Lieferkette weitergegeben wird.

Für eine Risikobewertung ist zunächst zu ermitteln, welche Vertragspartei die Zolllast unter dem anwendbaren Vertrags- und Rechtsregime trägt. Unter den Incoterms 2020 der ICC sieht die Klausel Delivered Duty Paid (DDP) beispielsweise vor, dass der Verkäufer der Ware die Einfuhrzölle zu tragen hat. 

Bei der Risikobewertung können außerdem folgende Regelungen von Bedeutung sein:

  • Preisanpassungsklauseln können den Vertragspartner berechtigen, Preise nach eigenem Ermessen oder bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen einseitig anzupassen. Dies hängt von der Formulierung der Klausel im Einzelfall ab. Preisanpassungsklauseln können auch bei Preissteigerungen aufgrund von Zöllen relevant werden, wenn sie den Lieferanten beispielsweise berechtigen, Preise „nach billigem Ermessen" zu erhöhen oder „angemessene Preiserhöhungen" vorzunehmen.
  • Klauseln über höhere Gewalt (Force Majeure) ermöglichen es den Vertragsparteien, sich ihren vertraglichen Verpflichtungen zu entziehen, wenn aufgrund der höheren Gewalt ein Leistungshindernis besteht (z.B. bei Lieferengpässen). Deutsche Gerichte haben höhere Gewalt jedoch nur unter außergewöhnlichen Umständen anerkannt (BGH, Urt. v. 16.5.2017, Az. X ZR 142/15, Rn. 8). Zudem führen Zölle grundsätzlich nicht zu einem Leistungshindernis, sondern zu höheren Kosten für ein Produkt.
  • Wirtschaftsklauseln können zur Anwendung kommen, wenn die Erfüllung eines Vertrags zwar noch möglich, für eine Partei jedoch unzumutbar geworden ist. Wirtschaftsklauseln zielen – anders als Force Majeure-Klauseln – auf die Anpassung des Vertrages ab und nicht auf eine Befreiung von der Leistungspflicht. Eine Vertragsanpassung setzt in der Regel wesentliche und unvorhersehbare Umstandsänderungen voraus.
  • Im deutschem Recht kann die Vertragspartei nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einen Anspruch auf eine Vertragsänderung oder sogar auf die Kündigung des Vertrags haben, wenn sich die Grundlage des Vertrags wesentlich geändert hat und die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen zu Ergebnissen führen würde, die nach deutscher Rechtsprechung mit den Grundsätzen von Recht und Billigkeit unvereinbar sind. Die Anforderungen sind streng, da die Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in den Vertrag und damit die Parteiautonomie eingreifen. Selbst bei Kostensteigerungen von 30 Prozent hat die Rechtsprechung die erforderliche Unzumutbarkeit abgelehnt (BGH, Urt. v. 11.03.1993, Az. I ZR 27/91). Bei dem neuen Zollsatz von 15 Prozent wäre die erforderliche Schwelle damit noch nicht überschritten.

Neben diesen vertraglichen Mechanismen können auch unternehmensstrategische Anpassungen erforderlich sein, um die negativen Folgen der Zölle abzumildern, wie die Diversifikation von Lieferketten, Anpassung der Preispolitik oder die Suche nach alternativen Absatzmärkten. Augenmerk sollte auch auf konzerninterne Verrechnungspreise und die zollrechtliche Einreihung von Waren gelegt werden, da sie den Zollwert bzw. Zollsatz maßgeblich beeinflussen. Eine ordnungsgemäße Dokumentation ist unerlässlich, um Konflikte mit Behörden und finanzielle Rückzahlungsrisiken zu vermeiden.

Fazit

Trotz der erzielten Einigung dürfte der Zollkonflikt Unternehmen weiterhin beschäftigen. Es ist derzeit zweifelhaft, ob die zwischen den USA und der EU getroffene Einigung einen verlässlichen Rahmen für den Handel schafft, der Unternehmen langfristige Rechts- und Planungssicherheit bietet, wie auch die Ankündigung von Präsident Trump zu den möglichen Zöllen für Pharmaprodukte zeigt. Zudem bleibt das Zollniveau auch mit der Einigung höher als vor Beginn des Zollkonflikts. Unternehmen sollten daher ihre Verträge und internationalen Lieferketten weiterhin durch ein proaktives Risikomanagement überwachen und gegebenenfalls anpassen, um mit den Preissteigerungen umzugehen.

Dr. Thomas Ruthemeyer

ist Rechtsanwalt und Counsel bei der Kanzlei Hengeler Mueller in Berlin und auf das Öffentliche Wirtschaftsrecht spezialisiert. Er berät Unternehmen, Investoren und Körperschaften, die vor regulatorischen Herausforderungen stehen.

Dr. Patrick Oei

ist Senior Associate bei der Kanzlei Hengeler Mueller in Berlin. Er ist auf das Öffentliche Wirtschaftsrecht und regulierte Industrien spezialisiert mit Schwerpunkt auf den Bereichen Healthcare, Datenschutz und Digitalregulierung.

[1] Joint Statement on a United States-European Union framework on an agreement on reciprocal, fair and balanced trade: https://policy.trade.ec.europa.eu/news/joint-statement-united-states-european-union-framework-agreement-reciprocal-fair-and-balanced-trade-2025-08-21_en (letzter Zugriff: 07. November 2025).

[4] Siehe: https://www.congress.gov/crs-product/R45618 (letzter Zugriff: 07. November 2025). 

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