
Die Trump-Administration und der „Freeze“: Was steckt dahinter?
Mit der Executive Order vom 10. Februar 2025 hat Präsident Trump die Durchsetzung des FCPA für 180 Tage „pausiert“. Ziel war es, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der USA zu stärken und nationale Sicherheitsinteressen zu wahren. Während dieser Zeit sollten keine neuen FCPA-Ermittlungen eingeleitet werden, es sei denn, der Attorney General genehmigte eine Ausnahme. Laufende Ermittlungen wurden überprüft, um sicherzustellen, dass sie den neuen politischen Leitlinien entsprechen.
Doch was bedeutet diese „Pause“ konkret für deutsche Unternehmen? Zunächst einmal eine scheinbare Entlastung: Die Gefahr neuer FCPA-Ermittlungen schien gebannt, Compliance-Anforderungen schienen weniger drängend. Doch der Schein trügt – und zwar aus mehreren Gründen.
Die lange Verjährungsfrist: Warum der „Freeze“ keine echte Entwarnung ist
Ein zentrales Missverständnis besteht darin, die FCPA-Pause als dauerhafte Entwarnung zu interpretieren. Tatsächlich bleibt der FCPA weiterhin geltendes Recht. Die Verjährungsfrist für FCPA-Verstöße beträgt in der Regel fünf Jahre, kann aber durch verschiedene Faktoren (z.B. Auslandsaufenthalte von Beschuldigten) verlängert werden. Das bedeutet: Auch wenn die Durchsetzung temporär ausgesetzt wurde (mittlerweile endete diese auch wieder!), können Verstöße aus der „Pause“-Zeit noch Jahre später verfolgt werden.
Die Compliance-Anforderungen bleiben also bestehen – ebenso wie die Risiken.
Die US-Behörden haben zudem betont, dass die Pause keine neuen rechtlichen Ausnahmen oder Verteidigungsmöglichkeiten schafft. Unternehmen, die in der Zwischenzeit gegen den FCPA verstoßen haben, laufen Gefahr, nunmehr, d.h. nach Ablauf der Pause, mit voller Härte belangt zu werden. Die Compliance-Anforderungen blieben und bleiben also bestehen – ebenso wie die Risiken.
Neue Prioritäten: Kartelle, Terrororganisationen und nationale Interessen
Parallel zur FCPA-Pause hat die Trump-Administration mit dem sog. Bondi-Memorandum vom 05. Februar 2025 und weiteren Executive Orders die Strafverfolgung neu ausgerichtet. Im Fokus stehen nun vor allem internationale Kartelle und transnationale kriminelle Organisationen (TCOs), die als „ausländische Terrororganisationen“ eingestuft werden können.
Für die Praxis bedeutet das: Die US-Justiz konzentriert sich auf Fälle, in denen Korruption im Zusammenhang mit Kartellen oder TCOs steht – etwa, wenn Bestechung dazu dient, Drogenhandel, Menschenhandel oder andere schwere Straftaten zu ermöglichen. Die Verfolgung von „klassischer“ Wirtschaftskorruption ohne Bezug zu diesen Organisationen wurde hingegen deutlich zurückgefahren.
Gleichzeitig wurden bürokratische Hürden für die Strafverfolgung abgebaut, und die US-Staatsanwaltschaften wurden angewiesen, die „aggressivsten und umfassendsten“ Anklagen zu erheben, die das Gesetz zulässt. Die Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden wurden gezielt auf die Bekämpfung von Kartellen und TCOs umgelenkt.
Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?
1. Vorübergehende Entlastung – aber keine Sicherheit
Für viele deutsche Unternehmen mit US-Bezug bedeutete die FCPA-Pause zunächst eine Entlastung: Weniger Ermittlungen, weniger akute Compliance-Sorgen. Doch diese Entlastung war trügerisch. Die Verjährungsfristen liefen weiter, und die US-Behörden können nach Ende der Pause jederzeit wieder aktiv werden. Zudem bleibt der FCPA als Gesetz bestehen – und damit auch die Pflicht, sich an internationale Anti-Korruptionsstandards zu halten.
2. Neue Risiken durch Kartell- und Terrorismusbezug
Besonders kritisch ist die neue Einstufung von Organisationen als „ausländische Terrororganisationen“ oder TCOs. Deutsche Unternehmen, die in Regionen mit entsprechenden Gruppierungen tätig sind, müssen erhöhte Sorgfalt walten lassen. Schon die unbewusste Zusammenarbeit – etwa als Lieferant oder Dienstleister – kann zu Ermittlungen führen. Ein Beispiel: Ein Hersteller von Land-/Forstmaschinen liefert Geräte nach Mittel-/Südamerika, die letztlich im Drogenanbau eingesetzt werden. Gleiches gilt z.B. für Chemikalien (ohne auf einer Dual-Use-Liste zu stehen), die exportiert werden und – ggf. über Umwege – von einem Drogenkartell verwendet werden.
3. Internationale Reaktionen und neue Compliance-Anforderungen
Die internationale Anti-Korruptionslandschaft bleibt aktiv. Länder wie Deutschland und Mitglieder der OECD haben angekündigt, ihre eigenen Durchsetzungsmaßnahmen zu verstärken. So z.B. zuletzt auf der 21. Anti-Corrupton Conference der IBA vom aktuellen Leiter des UK Serious Fraud Office (SFO), Nick Ephgrave, verlautbart. Deutsche Unternehmen müssen daher weiterhin sicherstellen, dass sie internationalen Compliance-Standards entsprechen. Die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern und die Einhaltung globaler Vorschriften bleiben entscheidend, um rechtliche und reputationsbezogene Risiken zu minimieren.
Fallbeispiele aus der Praxis
Die jüngsten FCPA-Fälle zeigen, dass die US-Behörden auch unter veränderten politischen Vorzeichen weiterhin aktiv sind – insbesondere, wenn es um Kartelle, TCOs oder nationale Interessen geht. So wurde etwa gegen ein deutsches Unternehmen ermittelt, das in Lateinamerika Geschäfte mit einem staatlichen Energieversorger tätigte, der im Verdacht stand, mit einem Drogenkartell zu kooperieren. Auch Fälle, in denen deutsche Unternehmen als Zulieferer für Projekte in Hochrisikoregionen agierten, wurden verstärkt geprüft.
Ein weiteres Beispiel: Die US-Behörden haben in den letzten Jahren mehrfach betont, dass sie bei der Verfolgung von Korruption im Zusammenhang mit kritischer Infrastruktur (z.B. Häfen, Rohstoffe, Energie) besonders wachsam sind. Unternehmen, die in diesen Sektoren tätig sind, müssen mit erhöhter Aufmerksamkeit rechnen.
Compliance bleibt Pflicht: Was Unternehmen jetzt tun sollten
Trotz der scheinbaren Entlastung durch die FCPA-Pause und die Neuausrichtung der US-Politik bleibt die Notwendigkeit einer robusten Compliance bestehen. Unternehmen sollten ihre internen Richtlinien und Verfahren regelmäßig überprüfen und an die aktuelle Rechtslage anpassen. Besonders wichtig sind:
- Risikobasierte Due Diligence: Insbesondere bei Geschäften in Hochrisikoregionen oder mit potenziell problematischen Partnern.
- Schulungen und Sensibilisierung: Mitarbeiter sollten über die fortbestehenden Compliance-Erwartungen informiert und regelmäßig geschult werden.
- Dokumentation und Kontrolle: Sorgfältige Buchführung und interne Kontrollen sind weiterhin unerlässlich, um Verstöße frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
- Reaktionsfähigkeit: Unternehmen sollten in der Lage sein, auf neue Ermittlungen oder regulatorische Änderungen schnell und angemessen zu reagieren.
Fazit
Die Trump-Administration hat mit der temporären Aussetzung der FCPA-Durchsetzung und der Neuausrichtung auf Kartelle und TCOs für Bewegung im internationalen Anti-Korruptionsrecht gesorgt. Für deutsche Unternehmen bedeutet dies jedoch keineswegs Entwarnung. Die langen Verjährungsfristen, die weiterhin bestehenden Compliance-Anforderungen sowie die neuen Risiken durch die Einstufung von Organisationen als terroristische oder kriminelle Gruppen machen eine sorgfältige und vorausschauende Compliance-Strategie wichtiger denn je.
Die internationale Anti-Korruptionslandschaft bleibt in Bewegung, und die US-Behörden behalten sich vor, auch nach Ablauf der Pause wieder mit voller Härte durchzugreifen. Deutsche Unternehmen sollten wachsam bleiben, ihre Compliance-Programme kontinuierlich überprüfen, Risiken neu bewerten und sich auf eine weiterhin anspruchsvolle regulatorische Umgebung einstellen.

[1] Siehe: https://www.govinfo.gov/content/pkg/COMPS-9569/pdf/COMPS-9569.pdf (letzter Zugriff: 28. Oktober 2025).
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