Dr. Oliver Peltzer, LL.M. (Arnecke Sibeth Dabelstein)

Businessmodelle für die Circular Economy

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Die Circular Economy hat ein enormes Potenzial. Es fehlt aber noch an einem attraktiven Umfeld und politischer Initiativen, um gut umsetzbare Businessmodelle für die Circular Economy zu entwickeln. Ein Überblick zum aktuellen Stand.

Warum wir mit der Umwandlung in eine Circular Economy nicht vorankommen

Egal, wo wir hinschauen, die Menschheit reagiert nicht adäquat auf die mannigfaltigen ökologischen Probleme der Welt. Ein Beispiel ist die weiterhin stiefmütterliche Behandlung des Ressourcenverbrauchs und der endgültigen Obsoleszenz produzierter Güter. So werden weltweit jährlich zwischen 2,1 und 2,3 Milliarden Tonnen fester Abfälle produziert. Die Vereinten Nationen (UN) warnen nach einem Bericht vom 28. März 2024 der UNCTAD (UN Trade and Development), dass bei einem „Business-as-usual"-Szenario bis 2030 zwei Planeten benötigt würden, um den globalen Produktions- und Konsumbedarf zu decken; die EU spricht in ihrem Aktionsplan von drei Planeten im Jahr 2050. Aber wo sind die Businessmodelle der Zukunft für die Vermeidung oder die Einsparung von Abfällen, also für die Circular Economy?

Die Entwicklung zur Circular Economy

Das Thema ist nicht komplett übersehen worden. Seit der UN-Konferenz in Rio de Janeiro im Jahr 1992 gelten der Schutz und die Bewahrung der natürlichen Ressourcen weltweit als bedeutende Grundlagen für eine nachhaltige Entwicklung. Auf europäischer Ebene gewann die Debatte der Ressourcenschonung im Jahr 2011 an Bedeutung, als die Europäische Kommission den „Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa“ im Zuge der Strategie Europa 2020 vorstellte. Ein weiterer Aktionsplan aus dem Jahr 2020 enthält Vorschläge der Europäischen Kommission für eine nachhaltigere Produktgestaltung in vor allem ressourcenintensiven Industrien, mit dem Ziel, Abfälle zu reduzieren. Ende März 2022 wurde ein Entwurf für eine neue Ökodesign-Verordnung veröffentlicht, die u.a. Fragen der Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit oder des Recyclinganteils in Produkten regeln soll. Ende 2022 wurde außerdem die EU-Batterieverordnung verabschiedet, die seit dem 18. Februar 2024 in Europa Anwendung findet. Auf nationaler Ebene arbeitet die Bundesregierung seit letztem Jahr an einer Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Die Internationale Handelskammer (ICC) hat die Circular Economy als einen Schwerpunkt identifiziert und im Dezember 2021 eine Studie veröffentlicht, die drei mögliche Ansätze im Rahmen der WTO-Diskussion über Handel und ökologische Nachhaltigkeit (WTO TESSD) identifiziert. Vor dem Hintergrund der 28. UN-Klimakonferenz wurde im Dezember 2023 darüber hinaus ein Überblick über die fünf wichtigsten Voraussetzungen für die Förderung der Circular Economy vorgestellt. Eine neue Publikation soll bald folgen.

ICC-Publikation: "Key enablers for a circular economy" (2023)

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Die Grundlagen der Circular Economy

Kernstück der Circular Economy, die auch Kreislaufwirtschaft genannt wird, ist ein Prozess, der den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen in den Vordergrund stellt und die Auswirkungen auf die Umwelt minimiert. Das Modell zielt auf die Wiederverwendung, die Wiederaufbereitung, das Recycling und die Rückgewinnung von Produkten und Abfallstoffen ab. Gefördert werden soll die Gestaltung von Produkten, Dienstleistungen und Produktionsmethoden und solche Geschäftsmodelle, die geschlossene Materialkreisläufe ermöglichen.

Dabei wird unterschieden zwischen dem biologischen und dem technologischen Kreislauf. Der biologische Kreislauf bezieht sich auf biologisch abbaubare Produkte, wie z. B. Lebensmittel oder andere Materialien wie Holz oder Baumwolle, welche aus dem technischen Kreislauf in den biologischen Kreislauf gelangen. Ressourcen, die in den biologischen Kreislauf gelangen, können z.B. als Ausgangsmaterial über Bioraffinerien zur Verwendung chemischer Produkte mit hohem Wert für Biochemikalien und Nutrazeutika dienen. Im Kern des biologischen Kreislaufs stehen die natürlichen Prozesse, in denen regenerative Mechanismen und landwirtschaftliche Verfahren auf natürliche Weise für die Zurückführung biologischer Materialien sorgen. Im technologischen Kreislauf werden Materialien und Produkte so lange wie möglich im Gebrauch behalten. In diesem Kreislauf wird das Teilen (Second-Hand), Wiederverwenden (Pfandsysteme) und Reparieren gegenüber der Wiederaufbereitung (dem Remanufacturing oder Recycling) priorisiert.

Die Circular Economy in der Logistik

Das Wirtschaften in Kreisläufen verursacht eine Verschiebung der Material- und Produktströme, insbesondere natürlich eine Zunahme an rückwärts gerichteten Material- und Produktströmen. Da beides stark von der Logistik und ihren Tätigkeiten abhängt, nehmen die Logistikdienstleister in der klassischen wie auch in der rückführenden Logistik für die Transformation der Wertschöpfungskette eine bedeutende Rolle ein.

Die wichtigsten Tätigkeiten der rückführenden Logistik in einer Kreislaufwirtschaft sind ­– neben der Sammlung und dem Transport von Produkten und Materialien – deren Sortierung, Prüfung und Neuverteilung. Dies sind aufgrund der hohen Varianz an rückzuführenden Produkten und Materialien komplexe Aufgaben. Aber bereits heute hantieren Anbieter von KEP-Dienstleistungen (Kurier, Express, Paket) großflächig mit kleinen bis sehr kleinen Ladungsgrößen. Rückführungen zur Reparatur, Wieder- und Weiterverwendung, die sich durch eine Transformation ergeben können, werden so auch im kleinen Maße und auch für Endverbraucher:innen ohne große Hürden möglich sein.

Diese Tätigkeiten der rückführenden Logistik erfordern eine hohe Vernetzung aller Akteure und einen nicht abreißenden Informationsfluss zwischen ihnen. Dafür dient die immer bedeutsamere Informationslogistik. Neue Technologien, die in einheitlichen und intelligenten Verpackungen und Transportbehältern eingesetzt werden, ermöglichen eine umfassende Dokumentation der Materialien und Produkte ohne größeren Wissensverlust. Durch neue Produktionsverfahren können Sekundärrohstoffe vermehrt eingesetzt und auch wiederaufbereitet werden, was die Wertschöpfungskette und damit einhergehende logistische Beschaffungs-, Lager- und Transporttätigkeiten verändert. Aber hilft die theoretische Beschreibung, wenn es keine guten Businessmodelle gibt, deren Umsetzung die Kreislaufwirtschaft fördern könnte?

Die Schwierigkeiten mit der Circular Economy

Tatsächlich gibt es zahlreiche Herausforderungen, auf die u.a. das Fraunhofer Institut bereits 2017 und seitdem immer wieder hingewiesen hat. Unternehmen sind häufig – und oft zurecht – zögerlich in der Weitergabe von Daten. Als Gründe werden weiterhin die fehlende Datensicherheit und -souveränität angegeben. Damit ist aber auch der Datenaustausch über geschlossene zirkuläre Lieferketten hinweg noch nicht gewährleistet. Auch in geschlossenen zirkulären Supply Chains, in denen der Datenaustausch funktioniert, wird immer wieder auf den hohen Koordinationsaufwand zur Integration der mitwirkenden Partner hingewiesen. Mit dem eingeschränkten Datenaustausch geht u.a. einher, dass die Inhaltsstoffe vieler Produkte nicht bekannt sind und damit eine sinnvolle Wiederaufbereitung erschwert oder gar ausgeschlossen ist. Selbst wenn der Datenaustausch besser funktionierte, sind die Mehrzahl der Produkte, insbesondere Massenprodukte mit kurzen Innovationszyklen, häufig nicht für eine Kreislaufwirtschaft hergestellt. Das Hauptargument gegen die intensivere Beschäftigung mit Businessmodellen für eine Kreislaufwirtschaft bleibt aber nach wie vor die erheblichen Umstellungskosten gegenüber der weiterhin sehr preisgünstigen energetischen Verwertung.

Leider können wir dabei auch nicht von unseren europäischen Partnern lernen, die in anderen Fällen häufig als Vorbilder fungieren: So ist in Schweden der Einsatz der Circular Economy im Vergleich zur Gesamt-EU unterdurchschnittlich, und Finnland, das bereits im Jahr 2016 als erstes Land weltweit einen nationalen Fahrplan für die Kreislaufwirtschaft verabschiedet hat, weiß auch nur wenig über messbare Fortschritte zu berichten. Als Ausnahme und Positivbeispiel gelten hingegen die Niederlande. Nach dem „Circularity Gap Report haben die Niederlande die höchste Verwendungsrate für Kreislaufmaterialien, und bereits 2019 arbeiteten 420.000 Menschen in Unternehmen, die sich mit der Kreislaufwirtschaft beschäftigen. In den Niederlanden haben sich auch Unternehmen wie Het Groene Brein herausgebildet, die anderen Unternehmen bei der Entwicklung von Businesskonzepten in der Circular Economy helfen.

Es fehlt also noch an vielem, insbesondere an einem attraktiven Umfeld, um gut umsetzbare Businessmodelle für die Circular Economy zu entwickeln. Gute politische Initiativen sind erforderlich und ein Blick auf unseren westlichen Nachbar wäre anzuraten.


Dr. Oliver Peltzer, LL.M. (Stellenbosch) ist Partner bei Arnecke Sibeth Dabelstein und berät seit Jahren rechtlich bei der Entwicklung von Businessmodellen für die Circular Economy.

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